Beschreibung
Fünf Archäologinnen stehen im Zentrum der vorliegenden Publikation. Sie sind um die Mitte des 20. Jahrhunderts mit Vindonissa in Kontakt gekommen und haben dort ihre eigenen Spuren hinterlassen.
– Die Lebensskizzen beleuchten Studium und berufliche Tätigkeit der fünf Wissenschaftlerinnen zwischen 1930 und 1970. Gleichzeitig sind sie ein faszinierendes Stück Wissenschaftsgeschichte.
– Im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Situation in der Schweiz haben sich übergreifende Fragen gestellt: Welche Arbeitsmöglichkeiten boten sich der jungen Forschergeneration, insbesondere den Frauen? Liessen sich Familie und Beruf vereinbaren? Welche Rolle spielten Netzwerke für ein berufliches Fortkommen? Lassen sich Faktoren für Karriereschritte oder Karrierebrüche benennen?
ZUM GELEIT
Dass die politische und gesellschaftliche Gleichstellung der Frauen in der Schweiz ein längerer Prozess war als in den umliegenden Ländern, ist hinlänglich bekannt. Umso bemerkenswerter ist es, dass gleich mehrere Frauen, die nicht stimmberechtigt waren und als Verheiratete nur mit dem Einverständnis ihres Mannes ausser Haus erwerbstätig sein durften, die archäologische Forschung in der Schweiz und insbesondere in Vindonissa im 20. Jahrhundert prägten.
Das Vermächtnis dieser Frauen wirkt bis in die Gegenwart fort. So setzte Elisabeth Ettlinger (1915– 2012) mit ihren Untersuchungen zur Keramik der Augster Thermen und des Schutthügels von Vindonissa Massstäbe für die römische Keramikforschung, die heute noch ihre Gültigkeit haben. In einem Dreierteam
mit Victorine von Gonzenbach (1921–2016) und Elisabeth Schmid (1912–1994) zeigten die drei Forscherinnen mit ihren Forschungen zum Schutthügel
das Potenzial interdisziplinärer Zusammenarbeit in der provinzialrömischen Archäologie auf. Damit wurde auch der Grundstein für die heutige feste Verankerung der naturwissenschaftlichen Archäologie in der Erforschung von Vindonissa und dessen Umland gelegt, was im Vergleich zu vielen anderen römischen Fundplätzen immer noch eine Ausnahme darstellt. Hervorzuheben ist schliesslich, dass Elisabeth Ettlinger eng mit der Geschichte der Gesellschaft Pro Vindonissa verbunden ist, denn sie war ab 1961 das erste weibliche Vorstandsmitglied und von 1970 bis 1985 Präsidentin. Aber auch Verena Bodmer-Gessner (1921–2004) und Madeleine Sitterding (1923–2008) haben ihre Spuren in Vindonissa und im Kanton Aargau hinterlassen.
Rückblickend können die Leistungen der Forscherinnen als aussergewöhnlich und wegweisend bezeichnet werden. Allerdings sind sie bislang weder von der archäologischen Forschung noch der Öffentlichkeit genügend zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden. Denn auch in der Forschung zu Frauen hinkt die Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinterher. Um diesem Missstand zu begegnen, haben sich nun dankenswerterweise Regine Fellmann Brogli, Christine Meyer-Freuler und Hansjörg Brem zusammengeschlossen und sich dieses Themas angenommen. In jahrelanger akribischer Recherchearbeit haben sie Informationen aus Publikationen und Archiven sowie bei Gesprächen mit Nachfahren und Zeitgenossinnen und Zeitgenossen der Porträtierten zusammengetragen. Daraus sind fünf spannende Biografien entstanden, welche die verschlungenen Lebenswege der Forscherinnen nachzeichnen. Diese haben sich allen Widrigkeiten zum Trotz ihrer Leidenschaft Archäologie verschrieben und diesen Fachbereich im 20. Jahrhundert massgeblich mitgeprägt.
Für das Thema bezeichnend ist, dass dieses wichtige Werk ausserhalb von Anstellungen und nur durch das persönliche Engagement und die Beharrlichkeit
des Autorenteams entstanden ist. Als die Anfrage zur Aufnahme des Manuskriptes in die Reihe der Veröffentlichungen der GPV gestellt wurde, sagte der Vorstand ohne Zögern und mit Freude zu. Mit dieser Publikation wird nicht nur den Forscherinnen das wohlverdiente Denkmal gesetzt. Sie mag auch für heutige Studierende und Archäologinnen und Archäologen eine Ermunterung sein, ihren Weg mit Mut und Ausdauer zu gehen.
Sabine Deschler-Erb,
Co-Präsidentin GPV 2018–2024,
im Dezember 2024
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